Die Menschen an Bord verlieren sich so schnell, hört man von Gästen, die auf solchen Schiffen durch die Weltmeere fahren. Das mag seine Richtigkeit wohl haben, Tatsache ist aber auch, dass die etwa 4.000 Passagiere (das entspricht in etwa der Zahl, die auf einem solchen Schiff an Bord sind) ein- und aussteigen – und das dauert mitunter sehr lange. Alleine die Zahl die dafür nötigen Autobusse ist gewaltig – das wären knapp 80 Fünfzigsitzer.
Klar ist, dass die Reedereien solche Häfen wie Philipsburg/St. Maarten schätzen, weil der Ort mit seinen Shops und dem Strand in Gehentfernung zu den Schiffen liegt. Was man als Besucher von Philipsburg allerdings nicht behaupten kann, ist dass sich die knapp 8.000 Passagiere hier verlaufen. Das kann jemand sagen, der die Stadt auch ohne Kreuzfahrer kennt. Also jemand, der zwischen 18.00 Uhr abends und 9.00 Uhr morgens hier war. Vorsichtig formuliert, heißt das: Philipsburg ohne Kreuzfahrt-Passagiere ist richtig nett.
Das ist also der Traum eines Urlaubs: Mit Tausenden anderen auf so einem schwimmenden Schrank herumzufahren. Ich kann nachvollziehen, dass man sich als Bewohner einer urbanen Großsiedlung (oder so etwas ähnlichem) an einem Strand ohne Menschen (und Infrastruktur) einsam und verloren fühlt und daher die Mitreisenden um sich braucht.
Auf diesen Schiffen gibt es das Einsamkeits-Problem wohl nicht. Und auch nicht an all jenen Plätzen, wo diese Monster anlegen. Selbst 2.000 einfallende Passagiere würden einen kleinen Ort völlig überfahren – aber die Touristen, die hier unterwegs sind, kümmert das nicht oder sie machen sich darüber keine Gedanken.
Die logistische Herausforderung ein solches Schiff mit rund 4.000 Passagieren und noch einmal rund 1.200 Mann Besatzung mit Essen und Trinken zu versorgen, ist unvorstellbar. In den meisten Häfen dürfen die Schiffe nämlich keine Nahrungsmittel bunkern, denn das wäre zu gefährlich. Selbst die Mitnahme von Nahrungsmitteln – insbesondere Fleisch, Obst oder Gemüse vom Bord oder auch zurück an Bord – ist strengstens verboten. Das Risiko, dass damit Schädlinge oder Krankheiten verbreitet werden, ist nicht unbegründet.
Dazu kommt auch noch die Versorgung der Schiffe mit Trink- und Nutzwasser – und der nicht unbeträchtliche Anteil an Abfall und Abwässern, die die rund 5.000 Menschen (zu den Passagieren kommen mind. 1.000 Menschen der Besatzung hinzu) tagtäglich produzieren. Wo landet das alles? Mitgenommen werden, kann das nicht…..dazu fehlt der Raum.
Um ein solches Werk am Laufen zu halten, ist wahnsinnig viel Energie notwendig. Und dazu wird der schlimmste Treibstoff, den es auf der Welt gibt, verfeuert: Schweröl. Diese zähflüssige Pampe ist ein Abfallprodukt aus der Raffinerie und müsste um teuer Geld entsorgt werden – wären da nicht die vielen Schiffe (das gilt für die Frachter ebenso wie für die meisten Kreuzfahrtschiffe).
In einigen Regionen der Welt – etwa in den norwegischen Fjorden oder auch in den südlichen Polarregionen dürfen die Schiffe nicht mit Schweröl fahren, weil dort besondere Abgasregelungen gültig sind. Da müssen sie auf den wesentlich teureren Schiffsdiesel umsteigen, der auch deutlich einfacher gefiltert werden kann.
Diese Überlegungen sind nur eine Denkanregung zum Diskurs „Kreuzfahrten“. Weiterführende Literatur gibt es auf der erstklassigen Seite von Fair unterwegs.

Knapp 8.000 Gäste kommen von den beiden Schiffen an Land, um zu baden und die Zeit anderwertig totzuschlagen
Die 306 m lange „Carneval Breeze“ (im Hintergrund) hat eine BRZ von 130.000 t und ist für max 4.800 Passagiere zugelassen. Die um 20m längere „Norwegian Getaway“ hat eine BRZ von 145.600 t und darf 4.000 Passagiere befördern.