Mittwoch , 15 Mai 2024
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Jersey: Klein-Britannien mit einem Schuss Frankreich


Europa hat einige Seiten, die ganz schön exotisch sind………eine davon sind die Kanalinseln. Deren größte heißt Jersey. Unter den Mitteleuropäern ist Jersey eigentlich nur jenen ein Begriff, die sich mit Textilien beschäftigen. Leider. Dabei hat die Kanalinsel  sehr viel zu bieten -und dass obwohl sie nur 135 km2 groß ist.

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Mt. Orgieul

Steilküsten und Stranddorado, subtropische Blütenpracht und grüne Täler, Steuerparadies und normannische Traditionen. Jersey vereinigt all diese Gegensätze, und dazu kommen noch die besten Hummer der Welt – frisch gefangen in den Gewässern rund um die Insel. Glaubt man Klimaexper ten, hat Jersey, das nur 25 Kilometer von der französischen, aber rund 160 Kilometer von der englischen Küste entfernt liegt, gleich viele Sonnen- scheinstunden wie die Bermudas. Ausreichend Niederschläge und der Einfluss des Golfstroms, der Temperaturschwankungen mildert, sorgen für eine üppige Vegetation. Harter Frost ist unbekannt, da- her gedeihen hier Yucca-Palmen und andere subtropische Gewächse. Im Dünengebiet der St. Ouen’s Bay wachsen besondere Wildblumen wie zum Beispiel der kleine Sandkrokus und Orchideenarten. Die 116 Quadratkilometer große Insel Jersey hat aber auch politisch mit einigen Besonderheiten aufzuwarten: Sie ist weder Teil des Vereinigten Königreichs noch Mitglied der EU. Die Angelegenheiten werden durch ein eigenes Parlament, die States Assembly, geregelt. Verteidigung und auswärtige Angelegenheiten werden durch das Department of Constitutional Affairs in London wahrgenommen. Für die Bewohner von Jersey ist die Queen nicht als Königin von Großbritannien und Nordirland, sondern als Herzogin der Normandie Staatsoberhaupt. Es gibt eigene Münzen, eigene Geldscheine und eigene Briefmarken.

Das Beste vom Meer direkt auf den Teller

Geschickt haben es die Jerseyaner über Jahrhunderte hinweg geschafft, das jeweils Beste aus ihrer Position zu machen. Der französische Einfluss ist bis heute in vielen Belangen deutlich spürbar: Einerseits sind die meisten Straßen- und Hausnamen, aber auch jene der Ortschaften immer noch französisch. Andererseits haben sie von den Franzosen auch in lukullischer Hinsicht viel gelernt. Insider meinen, es gebe hier die beste Küche der britischen Inseln. Das Meer liefert zumindest einen Großteil der wunderbarsten Zutaten wie etwa die Hummer, Taschenkrebse, Seespinnen, Austern, Jakobsmuscheln, aber auch Plattfische, Wolfsbarsche und Makrelen. Fangfrisch landen die Köstlichkeiten im Kochtopf – und das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Eines dieser unwiderstehlichen Lokale ist die Atlantique Seafood Bar am sehenswerten Central Market der kleinen Hauptstadt St. Helier. Zu den Meeresfrüchten kann man einen edlen Tropfen Weißwein aus Frankreich genießen. An der Mole des pittoresken Fischerdörfchens St. Aubin reiht sich ein Restaurant neben dem anderen. Hier glaubt man sich eher in mediterranem Ambiente zu befinden als in einem Territorium ihrer Majestät der Herzogin. Viele Gerichte, die in den schmucken Restaurants wie etwa dem Angler’s Grill, dem Old Court House Inn oder dem Salty Dog angeboten werden, stammen aus dem Meer. Hier wird großer Wert auf gute Qualität gelegt.

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Ein Paradies für Naturliebhaber

Die Landschaft Jerseys ist außerordentlich vielfältig: von steilen Klippen und scheinbar endlos langen Stränden bis hin zum Heideland und üppigen Wiesen. Naturfreunde kommen voll auf ihre Rechnung, denn das Eiland lädt zum Radfahren und Wandern förmlich ein. Eines der bevorzugten Ziele ist die Nordküste mit ihren schroffen Felsen. Hier befinden sich kleine Buchten mit Höhlen und Schluchten, die ausschließlich zu Fuß erreichbar sind. Ein markanter Punkt ist etwa das Grosnez Castle in St. Ouen. Das Heideland fällt hier schroff zum Meer hin ab. Viel ist von dem einstigen Schloss, das bereits vor 400 Jahren als Ruine auf den Karten beschrieben wurde, nicht mehr übrig. Allerdings kann man sich gut vorstellen, welch majestätische Lage diese Burg einst hatte. Knapp einen Kilometer südlich der Ruine befindet sich ein anderes Zeitzeugnis Jerseys: einer der größten deutschen Beo- bachtungsposten aus der Nazi-Zeit. Jersey und Guernsey waren nämlich die einzigen britischen Territorien, die im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen besetzt wurden – und weil man von diesen Wehrtürmen einen guten Blick auf das Meer hat, wurde einer sogar zu einem Hotel umfunktioniert. Die Verwendungsmöglichkeiten von Wehranlagen scheinen mannigfaltig zu sein. Am Nordende der langen St. Ouen’s Bay betreibt Sean Faulkner in ei- nem ehemaligen Wehrmachtsbunker seinen Handel mit Hummern und Krebsen. Wo einst die Waffen lagerten, befinden sich heute große Becken mit den Krustentieren. Hier kann man telefonisch seine Bestellung abgeben und dann die gekochten und aufgebrochenen Krustentiere essfertig abholen. Lediglich das Baguette und der trockene Weißwein müssen noch mitgebracht werden, dann steht einem Picknick in den Sanddünen nichts mehr im Wege.

Zu kalt zum Baden, aber dennoch herrlich zum Genießen

Für verwöhnte Mittelmeer-Urlauber ist das Meer um Jersey deutlich zu kalt zum Baden. Die britischen Urlauber scheint das nicht zu stören: Sie geben sich allen Arten des Wassersports begeistert hin. Es gibt allerdings noch zahlreiche andere Aktivitäten, die genauso viel Spaß machen: Eine davon ist das Strandsegeln. An einem dreirädrigen Buggy mit einem Lenker wird ein Segel befestigt und schon gleitet man, von der Kraft des Windes ange- trieben, im Höllentempo über den Sand. Der lange Strand von St. Ouen an der Westseite Jerseys ist einer der besten für Strandsegler, denn hier herrscht ständig eine gute Brise. Am Wochenende kommt man auch zum Kitesurfen hierher. Apropos Meer: Die Gezeitenunterschiede auf den Channel Islands betragen bis zu 14 Meter. Das bedeutet, dass Jersey bei Ebbe flächenmäßig auf das Doppelte anwächst. Bei Niedrigwasser gibt es eine Vielzahl von Spaziergängen, die ein ganz neues Bild der Insel eröffnen. Einer der schönsten Ausflüge ist der Fußweg zum Elizabeth Castle, der großen Befestigungsanlage vor St. Helier. Sir Walter Raleigh ließ diese Burg 1594 erbauen. Sie sollte ein Bollwerk gegen vermeintliche Angreifer – vor allem gegen die Franzosen – wer- den. Tatsächlich ist der Anblick des „Fort Isabella Belissima“, wie Raleigh das Bauwerk nannte, imposant. Dass die Jerseyaner die Franzosen fürchteten, wird auch beim Fußmarsch vom La Rocque Point – dem südöstlichsten Zipfel Jerseys – zum Seymour Tower deutlich. Der Seymour Tower ist nur einer der zahlreichen Martello-Türme, die im 18. Jahrhundert errichtet wurden. Auch diese Befestigungstür- me zeugen vor der Angst vor den Franzosen. Wer sich übrigens auf eine solche Wanderung in der Küstenzone aufmacht, sollte die jeweils aktuelle Ge- zeitentabelle mit dabei haben. Mitteleuropäer, insbesondere Landratten, haben nämlich keine Vorstellung davon, wie schnell die Flut einen Weg unpassierbar macht.

 

Reiche Geschichte liefert Sehenswürdigkeiten

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Der Nummer-Eins-Fotospot der Jersey-Werbung, das Mount Orgueil Castle, das sich über dem Hafen des kleinen Küstenstädtchens Gorey erhebt, kann auch ohne Gefahr von nassen Füssen genossen werden. Verliebte schwören übrigens auf den Blick nach Einbruch der Dunkelheit, denn dann wirkt die beleuchtete Festungsanlage noch dramatischer und beeindruckender. Ein lohnenswertes Ausflugsziel ist auch der Jersey Zoo, der vom Autor, Naturforscher, Filmer und Tierschützer Gerald Durrell gegründet wurde. Er wollte der Welt zeigen, wie ein vorbildlicher Zoo auszusehen hat. Ein Schwerpunkt in diesem Tiergarten ist die Nachzucht bedrohter Tierarten. Erst vor kurzem gelang den Experten des Tierparks, den Blauen Iguana, einen der seltensten Leguane der Welt, nach- zuzüchten und in seiner Heimat – den karibischen Cayman Islands – wieder auszusetzen. Neben den zahlreichen Reptilien und Amphibien haben auch Menschenaffen und Lemuren im Zoo ihr neues Zuhause gefunden. Besonders Kinder lieben diesen Tiergarten, der großzügig angelegt wurde. Museen müssen übrigens nicht langweilig sein: Eines der aufregendsten und zugleich interessantesten ist das Hamptonne-Country-Life-Freilichtmuseum. Abgesehen davon, dass die Landschaft in der der 300 Jahre alte Gutshof liegt, prachtvoll ist, bietet das Museum einen Einblick in das Leben der Bauern auf Jersey im 17. Jahrhundert. Mit sehr viel Aufwand hat man alte Möbel zusammengetragen, um eine typische Rauchküche, Schlafgemächer und Essräume darzustellen. Dabei ist der Gutshof, der auch schon als Filmkulisse herhalten musste, auch heute noch ein funktionierender Bauernhof. Auf der Weide sieht man ein übrigens eines der größten „Erfolgsprodukte“ der Insel: die Jersey-Kuh, die wegen ihrer fetthaltigen Milch berühmt wurde.

Blumen in Jersey: Keine heimliche Liebe

Um sich in Jersey optimal fortbewegen zu können, empfiehlt sich ein Leihwagen. Obwohl die Straßen sehr schmal und kurvenreich sind, ist das Autofahren angenehm. Die Insulaner sind nämlich äußerst rücksichtsvolle und höfliche Zeitgenossen, und es kommt kaum vor, dass gehupt wird. Freundlichkeit zählt hier ganz offensichtlich zu den wesentlichen Tugenden. Gerne gibt man Fremden Auskunft, und man kommt schnell in eine angeregte Unterhaltung – vor allem, wenn man die prachtvoll gepflegten Gärten bestaunt. Das ganze Jahr über blüht und gedeiht es auf der Kanalinsel. Im Jänner sind es die Narzissen, im Februar die Mimosen und im Juli die Lilien. Und die Jerseyaner sind wahre Gartenliebhaber. Es scheint, als würden die Einwohner permanent um den schönsten und üppigsten Garten buhlen. „Daher gibt es ja auch unsere legendäre Battle of Flowers im August“, erklärt die freundliche Dame vom Tourist Board. Diese „Schlacht“ werde bereits seit mehr als hundert Jahren ausgefochten. Dabei geht es allerdings sehr heiter zu, denn die Battle mit dem bunten Umzug ist die jerseyanische Version des Karnevals. In früheren Zeiten endete das Festival mit einer wahren Blumenschlacht. Heute sind die Zeiten allerdings etwas friedlicher geworden, versichert man mir. Dass Blumenschmuck aber immer noch Gegenstand des Wetteiferns ist, betont ein anderer Jerseyaner. Unter dem Namen „Jersey in Bloom“ kämpfen zwölf Gemeinden um diesen prestigeträchtigen Titel, denn der Gewinner darf dann auch beim britischen Wettbewerb „Britain in Bloom“ mitmachen. Und das gilt als besondere Ehre. Übrigens sollte man, wenn man mit Jerseyanern spricht, niemals die Schönheiten der Nachbarinsel Guernsey loben. Zwischen den beiden Eilanden ist die Stimmung nämlich immer noch etwas frostig. Gerne nennt man die Nachbarn seltsame Käuze mit verschrobenen Ansichten. Vor allem die Schönheit der Kühe und der Geschmack der Kartoffel können schnell zu einem Argument gegen die komischen Insulaner von nebenan werden. Es ist ja auch klar, dass Jersey- Pfund in Guernsey nicht als Zahlungsmittel akzeptiert werden, denn wo Jersey oben steht, muss auch Jersey drin sein. Zum Glück für die eigenwilligen Nachbarn, denn auch sie haben ihre eigenen Zahlungsmittel, die nur auf ihrer Insel gültig sind.

Postoffice St. Helier

Postoffice St. Helier

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Markt St. Helier/Jersey

Lokale Spezialitäten aus dem Meer: St.Helier Markt

St. Aubin/Jersey

St. Aubin

Fischmarkt jersey

Jersey

Informationen

Das Jersey Tourist Board bietet auf seiner deutschsprachigen Homepage Jersey.com eine Vielzahl von Informationen über die Urlaubsdestination. Viele Hotels und Guesthouses befinden sich in schmucken historischen Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Eine der komfortabelsten Unterkünfte der Insel ist das Hotel Cristina am Mont Felard, mit einem herrlichen Blick über die St. Aubin’s Bay.

Anreise: In den Sommermonaten (ab April) fliegt Air Berlin via Düsseldorf nach Jersey

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